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Das Urner Stammbuch
Entstehung und Geschichte
Häufigste Quellen für die Ahnenforschung (Genealogie) sind die Vorgänger der heutigen Zivilstandsregister: die Pfarrbücher, die Bürgerregister, das Landleutebuch sowie die Stamm- oder Familienbücher.
Die Wurzeln des Urner Stammbuches liegen im Armenrecht. Vollbürger waren im Land Uri nur diejenigen, welche das Urner Landrecht besassen. Die minderberechtigte Bevölkerungsgruppe der Hintersassen standen zum Lande in einer lockeren Form von Staatszugehörigkeit. Die Gemeindearmenpflegen waren gemäss Urner Landbuch (Artikel 107) verpflichtet, den seit mindestens 15 Jahren in der Gemeinde Ansässigen das Armenbürgerrecht zuzugestehen. Hintersassen, welche diese Frist nicht erreichten, sollten der Gemeinde, aus der sie weggezogen waren, "anheimfallen". Ein Landratsbeschluss von 1818 legte fest, dass es jedem freistand, in eine andere Gemeinde zu ziehen und sich dort "haushablich" niederzulassen. Diese Freiheit und die Fürsorgepflicht der Wohngemeinden forderten jedoch nach einer amtlichen Kontrolle. Die Dorfgerichte wurden verpflichtet, von den Einwohnern ein Gemeindebürgerregister zu führen. Diese Gemeindebürgerregister wurden jedoch nicht mit der nötigen Sorgfalt geführt und waren deshalb unzuverlässig. Das feste Gemeindebürgerrecht sollte schliesslich erst im Jahre 1883 eingeführt werden.
Das Urner Landrecht kannte zudem die Verwandtenunterstützungspflicht bis zum fünften Grade vater- und mutterseits (Artikel 101). Diese Pflicht rief nach Familienregistern, aus welchen die Blutsverwandten sicher und mit amtlicher Beweiskraft hervorgingen.
Im Landrat vom 28. Dezember 1831 wurde zwar der Antrag auf Einführung eines kantonalen Stammbuches gestellt, doch es sollte noch viel Wasser die Reuss herunterfliessen, bis das Urner Parlament am 1. April 1844 dieses grosse Vorhaben tatsächlich auch beschloss. Mit der Arbeit wurde der Geistliche Alois Müller von Altdorf betraut. Nach seinem Tode im Jahre 1853 setzten Pfarrhelfer Ambros Baumann, Josef Epp und schliesslich der Erstfelder Lehrer Dominik Wipfli die Arbeit fort. Bei seinem Tode konnte Letzterer ein in Leder gebundenes Werk in 34 Bänden hinterlassen. Die Forschungsarbeiten erstreckten sich der Quellenlage entsprechend, von 1600 bis 1845 rückwirkend und ab 1846 fortlaufend. Aufgenommen wurden rund 280 Geschlechter. Ungefähr 100 Familien, welche um 1840 bereits erloschen waren, fanden keine Aufnahme.
Das Stammbuch im Staatsarchiv Uri
Das Urner Stammbuch besteht aus 34 Bänden (je 35 x 50 x 5 cm), welche neu in Leder gebunden, im Kulturgüterschutzraum des Staatsarchivs stehen. Den Forscherinnen und Forschern stehen Mikrofilmkopien zur Verfügung. Aus Substanzerhaltungsgründen wurden die 34 Stammbücher auf Mikrofilme kopiert. Die Forscherinnen und Forschern
können hierzu im Lesesaal des Staatsarchivs drei Lesegeräte benützen. Kanzleidirektor Friedrich Gisler leistete in der Folge als Stammbuchführer Ergänzungen und Nachträge. Nach der Neuordnung des eidgenössischen Zivilstandswesen (1928) mit der Einführung der Familienregister und schliesslich nach der Demission von Stammbuchführer Friedrich Gisler beschloss der Regierungsrat, das Stammbuch nicht mehr weiterzuführen, sondern durch Heraldiker Albert Huber auf das Jahr 1929 abzuschliessen. Das Stammbuch
wurde dem Staatsarchiv in Obhut gegeben. Seither dient es
Geschichtswissenschaftern, Heraldikern und Hobbyforschern als wichtige
Quelle.
Das Stammbuch bietet guten Einstieg in die
Familienforschung
Das Stammbuch erweist sich als idealer Einstieg für
Familienforscher. Voraussetzung sind Kenntnisse der deutschen
Kurrentschrift, ein in Uri festgehaltenes zivilrechtlich relevantes
Datum (Geburt, Eheschliessung) der vor 1929 hier niedergelassenen Ahnen
sowie eine genügende Portion Geduld und Forschungseifer.
Im ersten Schritt muss sich der Ahnenforscher einmal im Klaren sein,
was er erforschen will und was für einen Umfang die Arbeit annehmen
wird. In der Genealogie wird zwischen verschiedenen Tafeln
unterschieden. Die Ahnentafeln umfassen alle nachweisbaren Vorfahren
(Aszendenten) einer bestimmten Person (Proband).
Der umgekehrte Weg führt zu den Nachfahren- oder Enkeltafeln. Sie zeigen die unmittelbaren Nachkommen (Deszendenten) eines Probanden auf.
Die beliebteste und häufigste Ahnentafel ist der Stammbaum. Er enthält nur die Nachkommen einer Person, die den gleichen Familiennamen tragen. Ein ausgeschmückter Stammbaum kann ein wunderschönes, heraldisches Werk darstellen. Er zeigt allerdings meistens nur einen Bruchteil der Abstammung, denn all die Linien der Ehefrauen und deren Vorfahren werden nicht aufgezeigt.
Wer die Arbeit überhaupt nicht scheut, kann sich an die Verwandschaft- oder Sippschafttafeln heranwagen. Sie entstehen aus der Vereinigung von Vorfahren- und Nachfahrentafeln und enthalten alle Blutsverwandten einer Person.
Ist das Forschungsziel festgelegt, vertieft man sich ins Stammbuch. Dieses ist
alphabetisch nach Familiennamen geordnet. Innerhalb eines Namens folgen
die Familien nach der chronologischen Reihenfolge der Eheschliessungen.
Massgebend für den Eintrag ist der Familienname des Ehemannes. Nebst der
Familiennummer enthält der Eintrag auch den Familiennamen der Ehefrau.
Die Kinder sind mit der Angabe des Vornamens, des Geburtsdatums sowie
des Ehedatums aufgeführt. Eingetragen sind zudem der Vorname und Name
des Ehepartners sowie dessen Eltern. Eine Verweisnummer gibt
schliesslich die Familiennummer und Kindesfolge der Familie des
Ehemannes an.
Copyright: Staatsarchiv Uri, Altdorf / Letzte Aktualisierung:
12.12.2017
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